Quantenverschlüsselung – was, warum, wie?
+Die meisten Menschen denken wahrscheinlich, wenn sie »Quantenmechanik« oder »Quantenphysik« hören, im besten Fall an »Schrödingers Katze« oder einfach: »Och nee, zu kompliziert!« Und ja, da ist was dran; auf einem Bierdeckel – wie es der zukünftige Bundeskanzler Friedrich Merz mal für die Steuererklärung geplant hatte – lässt sich dieser Bereich der Physik nicht darstellen. Aber die Steuererklärung ja auch nicht. Also, tauchen wir ein. Für Verschlüsselung wird die Technologie nämlich aktuell immer wichtiger. Und die Uni Karlsruhe hat jetzt eine Testanlage für Quantennetzwerke eröffnet.
Wir hatten hier ja kürzlich über den »Change your Password Day« berichtet und dabei auch die Wichtigkeit guter Passwörter betont. Aber selbst gute Passwörter, die mit herkömmlichen Computern nicht knackbar sind, können durch Quantencomputer angreifbar werden. Denn Quantencomputer sind um ein Vielfaches schneller als die bisherigen Rechner. Das liegt an einer grundsätzlichen Besonderheit.
Den Allermeisten ist wohl die den momentan verbreiteten Computern zugrundeliegende digitale Funktionsweise geläufig: Sie basiert auf den beiden Zuständen »aus« und »an«, anders gesagt den Binärzahlen oder Bits »0« und »1«. In Quantencomputern aber können Teilchen (die hier Qubits heißen) sowohl »aus«, als auch »an« sein – und alles dazwischen. Wie im berühmten Beispiel der Katze, die in einer geschlossenen Box entweder tot oder lebendig oder beides sein kann, bis jemand in den Kasten guckt.
Für einen Rechner, der auf der Basis dieses Prinzips mit Qubits arbeitet, bedeutet das vor allem eins: wesentlich höhere Verarbeitungsgeschwindigkeiten. Ein Wikipedia-Artikel drückt es so aus: Quantenalgorithmen könnten die Berechnungszeit für viele mathematische und physikalische Problemstellungen deutlich verringern.
Wehalb sie […] bestimmte Probleme der Informatik, z. B. die Suche in extrem großen Datenbanken […] effizienter lösen können als klassische Algorithmen.
Und auch das Knacken von Verschlüsselung.
Seit Mitte der Achtzigerjahre wird intensiv an der sogenannten Quantenkryptographie geforscht. Sie wendet die eben erwähnten Quantenalgorithmen auf die Verschlüsselung von Daten an. Das grundlegende Prinzip dafür ist der Quantenschlüsselaustausch, der es erlaubt, Nachrichten abhörsicher zu übertragen
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Schon 2004 wurde in Wien erstmals ein quantenkryptographisch verschlüsselter Geldtransfer durchgeführt; eines der Probleme allerdings ist, dass beim Einsatz von Glasfaser als Signalträger die Entfernung zwischen Sender und Empfänger begrenzt ist. Aber auch hier geht die Forschung unermüdlich weiter: 2018 wurden schon über 420 Kilometer Streckenlänge erreicht (und per Satellit sind weit größere Entfernungen realisierbar, weil das Vakuum im All die Photonen, also die Informationsträger, kaum schwächt).
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat im Januar eine 20 Kilometer lange Glasfaser-Teststrecke eingeweiht, auf der die Quantenschlüsselverteilung getestet und weiterentwickelt werden soll. Solche Quantenschlüssel sind entscheidend für eine abhörsichere Kommunikation, da sie auf physikalischen Gesetzen basieren und nicht wie bisherige Schlüssel auf mathematischen Annahmen, die mit künftigen Quantencomputern gebrochen werden können.
Mit der Forschung soll die Reichweite von Quantenkommunikation erweitert werden und die Verknüpfung von Quantencomputern ermöglicht werden.
Der deutsche Anbieter für komplett verschlüsselte E-Mails Tuta (früher: Tutanota) bietet schon seit dem 11. März 2024 quantensichere Verschlüsselung für E-Mails und den Kalender an (mit Unterstützung der Leibniz Universität Hannover) und ist damit momentan noch Vorreiter. Aber auch der Schweizer Secure-Mail-Provider ProtonMail arbeitet laut einem eigenen Reddit-Post daran, quantenresistente Verschlüsselungsalgorithmen in OpenPGP zu standardisieren
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Dass diese Forschung für die Datensicherheit von größter Bedeutung ist, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Vor zwei Monaten berichtete DER SPIEGEL über die Karlsruher Glasfaserstrecke und zitierte dabei auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung: Quantenkommunikation ist eine Schlüsseltechnologie für zukünftige Sicherheit in der Datenübertragung. Sie kann sowohl vor Attacken mittels moderner Computer als auch durch leistungsstarke Quantencomputer schützen.
Und: Laut dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wird die Bedrohung der Informationssicherheit durch Quantencomputer weithin unterschätzt.