AWS = Auf WiederSehen
+Vor ein paar Tagen ist der Domain-Name-Service (DNS) des Cloud-Anbieters Amazon Web Services (AWS) ausgefallen. In der Folge waren etliche große Firmen und Anbieter vom Internet abgeschnitten. Ungefähr zeitgleich stellte sich heraus, dass der deutsche Software-Konzern SAP zwar eigene, DSGVO-konforme Server in Deutschland betreibt – aber Microsoft-Produkte und die AWS-Cloud einsetzt, durch die vermeintlich sichere Daten dann doch in die USA abfließen. Zeit, sich die US-Cloudanbieter mal genauer anzusehen.
Vorweg vielleicht eine kurze Antwort auf die Frage: Was ist eigentlich eine Cloud?
Das englische Wort für »Wolke« beschreibt eine Ansammlung von Computern in einem oder mehreren Rechenzentren, die auf Anforderung Daten ausliefern. Die einzelnen Rechner sind miteinander durch Software verbunden, die für die optimale Verteilung der Datenströme sorgt. Dadurch ist »die Cloud« skalierbar, kann also auf den jeweils aktuellen Bedarf reagieren. In einem Artikel vom 27.2. schrieb das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): Besonders für Nutzerinnen und Nutzer von Smartphones und Tablets sind solche Dienste reizvoll, um auf ihren Geräten Speicherplatz zu sparen. Außerdem ermöglicht das zentrale Speichern von Dokumenten einen Zugriff auf diese Dokumente mit verschiedenen internetfähigen Geräten von beliebigen Standorten aus.
Und das Amt warnt: Allerdings birgt das zentrale Speichern auch Risiken: Sie geben Ihre Daten einem Dritten, einem Cloud-Dienste-Anbieter.
Diese Dritten sind nach wie vor in der Regel US-amerikanische IT-Giganten, allen voran die drei Marktführer Amazon mit AWS (30 %), Microsoft mit Azure (20 %) und Googles Cloud Platform GCP (13 %; Zahlen: Statista).
Dass die Konzerne ein enormes Interesse an diesem Business haben, wird an folgender Zahl deutlich: 94 Milliarden Dollar haben Firmen im ersten Quartal global für Cloud-Infrastruktur ausgegeben, meldete im Mai das IT-Newsportal CRN, eine Steigerung um 23 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2024.
Nochmal zurück zu AWS, Azure und GCP: 30 + 20 + 13 = 63. Oder anders gesagt: Fast zwei Drittel all dessen, was »in der Cloud« landet, landet tatsächlich bei Amazon, Microsoft oder Google. Das ist aus (mindestens) zwei Gründen problematisch: Erstens, siehe oben, all diese Konzerne sind zwar »too big to fail«, aber sie »failen« eben leider doch ab und zu. Und dann ist nicht nur die Infrastruktur eines Unternehmens, einer Stadt oder eines Landes betroffen, sondern das globale Internet. Der Ausfall hat zwar »nur« etwa drei Stunden gedauert, aber der Schaden unter anderem durch Produktivitätsausfälle von Millionen Arbeitskräften
beläuft sich laut Jake Moore, Berater bei der europäischen Cybersecurity-Firma ESET
auf Hunderte Millionen, potenziell sogar Milliarden Euro
, berichtete DER SPIEGEL am vergangenen Donnerstag. Der Vorfall werfe die Frage neu auf, ob Europa eigene Technik braucht
.
Schaut man sich, zweitens, die Betreiber der Clouds genauer an, so lautet die Antwort auf diese Frage eindeutig: Ja! Denn, siehe ebenfalls oben, die Geschäftspraktiken US-amerikanischer Unternehmen sind mit Blick auf den Datenschutz eher, sagen wir mal: suboptimal. Für das Zentrum für Digitalrechte und Demokratie schrieb der Journalist Markus Beckedahl am vergangenen Mittwoch über eine bemerkenswerte Stellungnahme der baden-württembergischen Landesregierung, in der es heißt: Das Risiko des US CLOUD Act bleibt bestehen, da die Kontrolle über die Software (…) letztlich beim US-Anbieter liegt.
US-Sicherheitsbehörden könnten den Softwarelieferanten etwa anweisen, einen Datenabfluss in seine Software zu integrieren, ohne dass der Kunde darüber in Kenntnis gesetzt wird.
Worst-case-Szenario ist also, dass ein US-Unternehmen eine Hintertür in seine Software einbaut, durch die beliebig Daten abgeführt werden können – und keiner weiß es. Dabei ist »Daten« ja ein sehr weit gefasster Begriff. Das können schlimmstenfalls interne und vertrauliche Firmendokumente sein, E-Mail-Verläufe mit Strategie-Abstimmungen, Teams-Chats, die von den Mitarbeitenden für vertraulich gehalten werden (liegt ja schließlich auf einem deutschen Server, DSGVO und so!)
Das ist schon für sich genommen eine mittelschwere Katastrophe, aber wenn man sich zusätzlich die momentane US-Politik ansieht, kann einem Angst und Bange werden: In vorauseilendem Gehorsam hat zum Beispiel Google kürzlich sein Programm »Women Techmakers« beendet, mit dem das Unternehmen weibliche IT-Kräfte gefördert hat. Ein CNN-Bericht vom letzten Donnerstag erzählt, dass obendrein auch sämtliche Daten aus dem Projekt mehr oder weniger kommentarlos von den Servern gelöscht wurden. 2012 wurde »Women Techmakers« begonnen; damit sind dreizehn Jahre Forschung, Papers, Videos und andere Dokumente schlicht verschwunden. Their history is just erased
, lautet die Überschrift. Oder auch: Schweizer Firmen erhalten Post von US-Botschaft
, in der sie aufgefordert werden, ihre Maßnahmen für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion fallen
zu lassen, wie der Schweizer Tages-Anzeiger im April meldete. Auch deutsche Firmen ziehen mit, schrieb das Manager Magazin sogar schon im Februar.
Heißt im Klartext: Die Trump-Administration will ihre Politik auch ins Ausland exportieren. Und kann das auch perfekt durchsetzen, wenn sie sogar Firmeninterna mitlesen kann. Die Maßnahmen werden sich mittelfristig sehr wahrscheinlich nicht allein auf Diversität und alles, was MAGA für »woke« hält, beschränken.
Wie wäre es, diesem Albtraum zu entkommen und eine eigene Infrastruktur aufzubauen? Es gäbe da eine deutsche Alternative, nämlich die freie Open-Source-Software Nextcloud.
Just sayin’.
Es gibt andere Optionen für Cloud-Lösungen deutscher Anbieter; IONOS-Manager Thomas Groß zum Beispiel beschäftigte sich in seiner Keynote beim Deutschen IT-Security Kongress (DITSK) am 25. September 2025 in Osnabrück mit dem Thema: Daten in der Cloud – ausgelagert oder ausgeliefert?
Und hier noch eine schon etwas ältere (2022) Liste von datenschutzfreundlichen Cloud-Anbietern auf gofoss.net.
Und ein weiteres kleines P.S.: Für Privatanwender*innen hat das BSI im Februar einige Tips zum Umgang mit Clouds auf einer eigenen Seite zum Thema zusammengefasst und stellt eine Broschüre als PDF-Download zur Verfügung. Das Amt empfiehlt vor allem Handynutzer*innen große Vorsicht, denn: Ein besonderes Risiko stellt in vielen Fällen der Zugang via Smartphone dar,
zum Beispiel weil möglicherweise auch Schadprogramme auf dem Smartphone leichten Zugriff auf die Daten in der Cloud haben.
Und: Wenn das Smartphone durch Verlust oder Diebstahl in falsche Hände gerät, sind die Cloud-Daten nur so sicher, wie der Zugriff auf das Smartphone geschützt ist.





